Erinnerungen (3)

Gesammelt von Carl Klubescheidt.

Dort, wo heute am Schlettauer Markt, an der Seite nach der Kirche zu, schöne Anlagen sich befinden, die unser Stadtbild beleben, stand früher das Brauhaus. Auch zu damaliger Zeit hatte die Steuerbehörde eine offene Hand im Einnehmen, und regelmäßig erschien ein Steueraufseher. Um den erforderlichen Respekt zu erzielen, erschien er „zu Pferde“, und es war demzufolge notwendig, daß während seiner Amtshandlungen jemand sein Pferd in die nötige Obhut nahm. Man konnte hinsichtlich der Eignung zu einem solchen Posten nicht so wählerisch sein, und da war bei dem Auspichen der Bierfässer im Brauhaus der „Schlegel Fritz“ mit beschäftigt, der sonst „Röhren bohrte“. Er hieß der „polische Fritz“, und seine Fußbekleidung bestand in Holzpantoffeln, wie auch sein sonstiger Anzug nicht besonders dazu angetan war, gesellschaftliche Aufwartungen zu machen. Das Roß des Steueraufsehers hatte es ihm schon lange angetan, und er hätte seine Reitkunst gar zu gern mal gezeigt. Eines Tages wurde er in seinem wenig reiterlichen Kostüm mit Holzpantoffeln aufs Pferd gesetzt, das Pferd erhielt die nötige Schneid durch ein paar Hiebe und unser polischer Fritz sauste zum Gelächter der Umstehenden davon. Seit dieser Zeit führte er den Spitznamen: Der Kunstreiter.

Eine schöne Erinnerung an eine Feuerwehrübung besteht an den Weißbach Sultan. Die Steigerleine war nicht lang genug, beim Heraufziehen riß dieses vermaledeite Ding und zum Glück fiel Sultan auf einen Düngerhaufen, der leider recht unsauber war. Daß er wie ein Zeisig aussah, behaupten heute noch die alten Schlettauer bösen Zungen, aber er ist damals sehr gut abgewaschen worden.

Man soll nicht vormäulig sein, und dies mußte auch in früherer Zeit einmal ein „Auswärtiger“ erfahren. Die „Steff Guste“ hütete getreulich die Martinsvögel unserer Heimat, und um die Besitzer davon zu überzeugen, daß sie ihren Dienst angetreten hatte, ließ sie ihr eintönig Horn erschallen. Nun glaubte der Vorwitzige, sich an ihr reiben zu können, und frug sie, wo sie ihre Noten habe zu der gemachten Musik. Kurz entschlossen, wie nun einmal Schlettauer sind, antwortete sie im A …; – er soll nicht wieder gefragt haben.

Schlettauer Heimatblätter. 1. Jahrgang, Nr. 5 v. 15. Januar 1926, S. 12